Worte schaffen Wirklichkeit
Diejenigen, die unsere Sprache kontrollieren wollen, betonen immer wieder, dass „Worte Wirklichkeit schaffen“. Sprache ist laut diesen Postmodernisten ein schöpferischer Akt. Ein gutes Beispiel dafür ist die „Gendergerechte Sprache“.
Und wenn man die Äußerungen so genannter Experten und Expertinnen dieser Denkrichtung verfolgt oder mit ihnen spricht, hat man den Eindruck, dass man es mit Vertretern einer Religion zu tun hat und nicht mit Vertretern einer Wissenschaft.
Die Ansicht, dass das Wort dem Sein bzw. der Existenz vorausgeht, ist schon sehr alt. Das Johannesevangelium z.B. beginnt wie folgt:
(Joh. 1:1) Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott.
Sowohl die Anhänger politisch korrekter Sprache als auch die ersten Christen sind somit zu der Überzeugung gekommen, dass der Sprache eine besonders wichtige Rolle zukommt, allerdings sind ihre Beweggründe dafür völlig gegensätzlich, wie ich gleich erklären möchte. Bleiben wir zunächst für einen Moment noch beim Johannesevangelium.
Der Text wurde ursprünglich in griechischer Sprache verfasst und bei der Übersetzung des obigen Textes, ging ein Teil seiner Bedeutung verloren. Im Originaltext wird nämlich anstatt „Wort“ der Begriff „Logos“ verwendet, für den es keine passende deutsche Übersetzung gibt. Der Text lautet also eigentlich:
(Joh. 1:1) Im Anfang war Logos, und Logos war bei Gott, und Gott war Logos.
Welche Bedeutung hat also das Wort „Logos“? Und welche Auswirkungen hat das?
- Nun, als erstes kann man Logos tatsächlich mit „Wort“ und in diesem Fall mit „Wort Gottes“ übersetzen. So wie es z.B. im Schöpfungsbericht heist: Und Gott sprach: Es werde Licht! (Gen. 1:3)
- Logos bedeutet aber auch Wahrheit. Damit würde die Übersetzung lauten: Im Anfang war die Wahrheit, und die Wahrheit war bei Gott, und Gott war Wahrheit.
- Eine weitere Bedeutung von Logos ist Vernunft. Die Übersetzung würde damit lauten: Im Anfang war die Vernunft, und die Vernunft war bei Gott, und Gott war die Vernunft.
- Logos bedeutet aber auch (Göttliche) Weisheit, Bewusstsein, Logik, Sinn und Zweck, Ursprung. Und „Logos“ hat noch weitere Bedeutungen und zwar:
- Logos ist die Innere Ordnung des Universums, d.h. dass es im Universum Muster und Regelmäßigkeiten gibt, die „entdeckt“ und mit Hilfe von Zahlen beschrieben werden können. Die Welt wird dadurch begreifbar. Dieser Glaube an die Innere Ordnung des Universums führte viele Jahrhunderte nach Verfassung des Johannesevangeliums zur Entwicklung der modernen Wissenschaft.
- Logos ist der Geist Gottes, der am Anfang der Zeit aus Chaos, aus unbegrenzten Potential, bewohnbare Ordnung schafft - eine Ordnung in der Leben entstehen und aufrechterhalten werden kann.
- Der Logos ist das höchste anzustrebende Gut. Er umfasst DIE Werte und Ziele, die über alle anderen Werte und Ziele stehen (man kann diese Werte bzw. Ziele zusammenfassen als „Wahrheit und Liebe“).
- Der Logos ist der Geist, der die Menschen vereint und zwar durch ein gemeinsames höchstes Gut und gemeinsame Verhaltensregeln (wie z.B. du sollst nicht lügen, töten oder ehebrechen).
- Weil alle Menschen ein Ebenbild Gottes sind, trägt prinzipiell jeder den Logos in sich und ist aufgerufen, diesen in der Welt zu verkörpern. Daneben ist jeder einzelne - aufgrund seines freien Willens - für seine eigenen Taten verantwortlich.
- Die Menschenrechte und das Grundgesetz haben ihre Wurzeln in der christlich-jüdischen Überzeugung, dass der Mensch ein Ebenbild Gottes - also des Logos - ist.
- Später wird auch Jesus, als Verkörperung des Wortes Gottes, als Logos bezeichnet.
Was bedeutet es also, wenn heutzutage Bibelverse an der Kuppel des Berliner Stadtschlosses überblendet werden sollen?
Oder, was bedeutet es, wenn beim G7-Treffen der Außenminister in Münster ein historisches Kreuz aus dem Sitzungssaal entfernt wird?
Und wieso werden heutzutage Priester angezeigt und suspendiert, weil sie die traditionelle Ehe und Familie verteidigen?
Was haben die obigen Fragen mit dem „Logos“ zu tun?
Nun, wir leben heute im Zeitalter der Postmoderne. Bedeutende Entwickler der postmodernen Philosophie, die vor. ca. 60 Jahren ihren Siegeszug antrat, warfen den westlichen Völkern Logozentrismus vor (Lyotard, Derrida). Logozentrismus bedeutet, dass der Logos das Zentrum, das höchste anzustrebende Gut für diese Völker bzw. Kulturen darstellt. Ziel des Postmodernismus ist, den Logos aus dem Zentrum der Gesellschaft zu entfernen.
Der Postmodernismus hat Wurzeln im Marxismus und in der kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Er unterteilt bzw. spaltet die Gesellschaft in Gruppen von Unterdrückern und Unterdrückten und kritisiert die unterstellte Unterdrückung. Der Einzelne zählt nichts, jeder ist definiert durch seine Gruppenzugehörigkeit und damit automatisch entweder Täter oder Opfer (Pluckrose & Lindsay, 2021).
Weiße unterdrücken demnach Nicht-Weiße, Männer unterdrücken Frauen, Heteros unterdrücken Homos, Schlanke unterdrücken Übergewichtige, Nichtbehinderte unterdrücken Behinderte, Junge unterdrücken Alte oder umgekehrt usw. (Pluckrose & Lindsay, 2021).
Jegliche Unterschiede zwischen Gruppen werden als das Ergebnis von Diskriminierung gedeutet. Die Lösung für scheinbar alle Probleme der Welt lautet: Diversität, Inklusion und Gleichstellung (z.B. durch Einführung und Erzwingung von Quoten) (vgl. Saad, 2021).
Entsprechend der postmodernen Philosophie entstanden neue Studiengänge an Hochschulen wie z.B. die Kritische Rassentheorie, der Postkolonialismus und die Gendertheorie wodurch mittlerweile zahlreiche andere Studiengänge negativ beeinflusst oder sogar völlig ruiniert wurden (Pluckrose & Lindsay, 2021; Saad 2021).
Laut Postmodernisten ist die christliche Religion eine Erfindung des weißen Mannes um andere Gruppen (z.B. Frauen oder Farbige) auszubeuten. Ebenfalls sind Wissenschaft, rationales Denken und Logik eine Erfindung des weißen Mannes um Überlegenheit zu erlangen und dadurch andere Gruppen auszubeuten. (Pluckrose & Lindsay, 2021)
Ich habe zuvor erklärt, dass Logos „Wahrheit“ bedeutet. Laut Postmodernismus gibt es keine Wahrheit oder so etwas wie eine objektive Realität. Was „gut“, „schön“, „wahr“ oder „richtig“ ist, bestimmen die, die an der Macht sind, indem sie unsere Sprache und damit unsere Gedanken, unsere Wertmaßstäbe und unser Handeln kontrollieren (Pluckrose & Lindsay, 2021).
Wovor Postmodernisten Angst haben, sind kompetente Menschen, die die Wahrheit aussprechen. Und weil man gegen logische Argumente, gegen Wahrheit, und Vernunft keine Gegenargumente besitzt, werden solche kritische Stimmen schnell zum schweigen gebracht (z.B. durch Verleumdung, Rufmord, Rede- und Auftrittsverbote, Kündigung der Arbeitstelle, Kontosperren, Hausdurchsuchungen, Verklagen).
Der Postmodernismus lehnte ursprünglich Macht und Unterdrückung ab, aber seine Vertreter sind heute selbst zu Unterdrückern geworden. Der Postmodernismus lehnt Religion ab, hat sich aber selbst zu einer Religion erhoben (z.B. zu einer Religion der politischen Korrektheit).
Der Wahnsinn, der sich seit Jahrzehnten besonders an Hochschulen abspielt ist ein verbitterter Kampf gegen Mann und Gott, es ist ein systematischer Angriff auf den Logos. Und das Ergebnis dieses Kampfes sind Chaos, Spaltung, eine Gesellschaft ohne Ziel und Sinn. Denn Während wir auf der Schwelle zum dritten Weltkrieg stehen, zerbricht man sich an Hochschulen den Kopf darüber, ob man „Studentinnen“ mit Gendersternchen oder Genderdoppelpunkt schreiben soll um die Welt zu verbessern. Was wir stattdessen dringend brauchen, ist eine Rückkehr zur Vernunft und zur Wahrheit, eine Wiedergeburt des Logos.
Zum Abschluss, die erste 5 Sätze aus dem Johannesevangelium:
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht begriffen.
Quellennachweise
- Lindsay, J. & Pluckrose H. (2021). Cynical Theories: How Activist Scholarship Made Everything about Race, Gender, and Identity - And Why this Harms Everybody.
- Saad, G. (2021). The Parasitic Mind: How Infectious Ideas Are Killing Common Sense. Regnery Publishing.